Willkommen beim sonnengelben

 

 Ein Bild aus dem Jahre 1984, aufgenommen kurz nach dem Kauf im Frühling.

Bezahlt habe ich damals DM 350,-. (Glaube ich zumindest..)

Erstzulassung am 4/7.1977, Ende 1979 wieder abgemeldet. Hat dann für etwas über fünf Jahre in einer Scheune in Herford gestanden.

Ist damals aber trotz der langen Standzeit nach einer Grundreinigung wieder angesprungen, also habe ich sie gekauft. Ich hatte bis dahin eine Honda MT8, die leider an einem Mini zerschellt ist. Der Mini war übrigens auch Totalschaden....aber das nur am Rande...

In meinem Bekanntenkreis waren Zündapps sehr stark vertreten. Allerdings habe ich sie meistens mit meiner Honda 80er nur von hinten gesehen....also musste nun was richtiges her.

Jedoch keine Zündapp, ich fand die Schaltung absolut unterirdisch...daher die Kreidler.

Geschämt habe ich mich nur für das originale "Bauerngrün", also Ruckzuck eine Wochenend-Sprühdosenlackierung in Blaumetallic (kirschrotmetallic war auch in der näheren Auswahl, wurde aber verworfen, da der schwachköpfige Popper aus der Parallelklase eine Vespa in diesem Farbton fuhr).

Auch habe damals ich in der Schule die originale Sitzbank nebst Gepäckträger gegen eine holländische Sportversion mit Heckbürzel getauscht. Was mir seinerzeit moderner erschien.

Mit der Kreidler RS konnte ich dann mithalten. Zumindest solange, bis sich der Motor verabschiedete. Schon mal was von "Murphy´s Gesetz" gehört?

Bedeutete in diesem Fall, dass gleichzeitig beim Schalten vom ersten in den zweiten Gang der Gaszug klemmt und  der Gang herausspringt.

Der Drehzahlmesser wanderte in Sekundenbruchteilen ins Runde und bei gefühlten 20.000 Umdrehungen gab es einen Knall- und finito.

Um es kurz zu machen, das Pleul war abgerissen und die Kurbelwelle komplett krumm. Aus damaliger Sicht also Totalschaden. Zwar gelang es mir noch, in der Berufsschule für eine Stange "Camel" einen neuen Motor zu bekommen,  (mochte damals wie heute gar nicht wissen wo der genau herkam...)

Aber so richtig zum laufen kam die RS eigentlich nie wieder, immerhin waren die Kreidler-Werke zu diesem Zeitpunkt schon über drei Jahre Geschichte und eine 50er war doch ziemlich uncool und nicht grade ein Mädchenmagnet.

Habe  dann eine Honda MBX 80 bekommen. Konnte mich aber von der Kreidler dann doch irgendwie nicht trennen und habe diese dann im Keller eingelagert und dann sprichwörtlich vergessen.......

 21 Jahre später......

So sieht ein Moped irgendwann mal aus wenn die Kumpels sagen" Ich brauche für den TÜV mal eben......kriegst das Teil umgehend wieder.."  Auf die Lampe und den Zylinder nebst Auspuff warte ich jetzt schon fast geschlagene 30  Jahre.....aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt...und mein damaliger Jugendfreund beschäftigt sich mittlerweile vermutlich eher mit seinem Enkelkind......

Irgendwann kam dann die Erkenntnis "hmm..da war doch was- wo ist eigentlich die Kreidler geblieben?"

Also in Vater´s Heizungskeller unter Teppichen, Nähmaschinen und alten Farbeimern ausgebuddelt.

Nachdem die Kreidler freigelegt war und einen eher traurigen Eindruck hinterließ.....muss es wohl im Kopf "KLICK!" gemacht haben. Und ich beschloss, die Ruine wieder auferstehen zu lassen und auf die Straße zu bringen.

 

 Bei näherer Betrachtungsweise offenbarten sich die Spuren kreativer, jugendlicher Schrauberkunst.

Wir waren jung und hatten kein Geld...und keine Geduld für eine Demontage einzelner Teile zur Lackierung.

Der Hobel musste einfach nur rennen, keine Zeit (und kein Geld- immerhin kostete eine Schachtel Kippen 3,50 DM!), heute würde man hier von "Wartungsstau" sprechen. Das Moped lief trotzdem irgendwie. Immer.

 Zerlegen in der Werkstatt ging fix, der Rest passte in zwei große Kartons....

Anschließend Bestandsaufnahme. War doch recht ernüchternd und es war abzusehen, dass ich viele Teile, von den Verschleißteilen wie Reifen, Bremsen, etc., neu besorgen musste.

Glücklicherweise ist die Ersatzteilversorgung für Kreidler heute fast besser als zu Kreidler´s Lebzeiten.

Für das entsprechende Geld ist (fast) alles zu haben. Womit alles gesagt wäre. 

Den Rahmen sowie die Blechteile habe ich im Tauchbad chemisch entlacken lassen, vom Sandstrahlen habe ich in diesem Falle nicht viel gehalten. Das Ergebnis war absolut perfekt. Und der Lackierer war begeistert, weil a) kein Strahlgut mehr aus den Hohlräumen rieselt und b) er nicht spachteln brauchte.

 Währenddessen habe ich mich um der Rest gekümmert. Kabelbaum überholt, unten im Bild das Cockpit. 

 

 

 

 Der Lackierer hat einen prima Job gemacht, entschieden habe ich mich für den Originalfarbton, welchen ich bei Glasurit nach Original Farbnummer habe anmischen lassen.

Der Zusammenbau macht immer am meisten Spaß.

 Dann der erste herbe Rückschlag. Die hintere Felge ist krumm. Doch dazu später mehr.

 Es ist im Rohbau schon zu erkennen was es werden soll..

 Überholung des Motors..... 

 Alle Teile geprüft und vermessen.

 Kurbelwelle neu, sämtliche Lager neu.

 MHKZ-Zündung nach Werksvorgaben durchgemessen und für gut befunden..

Selbstverständlich sämtliche Schrauben neu, Ritzel auch.

So weit, so gut....

Motor ist fertig. Komplett neu gelagert, neue Kurbelwelle, Zylinder gehont incl. neuem Vertex-Kolben.

Zusammenbau geht zügig voran...aber dann...wie erwähnt-die hintere Felge.

Der Felgenrand der originalen und seltenen 6-Stern Alugussfelge ist krumm und die Felge ein Fall für die Tonne.

Leider wachsen diese Felgen nicht auf Bäumen. Und somit entwickelte sich das zu einem echten Problem, denn Ersatz war nicht zu beschaffen. Das ganze Projekt drohte hieran fast zu scheitern.

Also blieb dann nur das ständige Spähen in dem allseits bekannten Online-Auktionshaus.

Wie gesagt, für entsprechendendes Kleingeld ist früher oder später fast alles zu haben.

 

Habe dann eine hintere Gussfelge für einen absoluten Schweinekurs ersteigert. War mir in dem Moment aber fast egal, wollte ja endlich fertig werden.

Die Felge machte äußerlich einen guten Eindruck und lief auch rund.

Hatte ja auch im Vorfeld den Verkäufer angeschrieben und mir den einwandfreien Zustand der Felge bestätigen lassen.

Leider war ich mit der positiven Bewertung etwas vorschnell. Denn, wie sich zeigte, war der Bremsring komplett rostunterwandert und so nicht brauchbar.

Wollte die Trommel dann ausdrehen lassen. War schon schwierig genug, eine Dreherei zu finden, die eine Felge spannen kann.

Ausdrehen war jedoch trotzdem nicht möglich, da sich der Ring um 1,56mm gehoben hatte.

Also auch diese Felge ein Fall für die Tonne, da der Ring eingeschrumpft ist. Und viel Geld hinterher.

Der Verkäufer hat sich natürlich nix davon angenommen und auf "privat und ohne Gewährleistung blablabla..." gemacht.

In meinen Augen ist das Betrug. Aber das ist eben das Risiko .

An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an den Verkäufer "redcloudg****".

  

Wie heiß es doch so schön: kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat...

Habe dann mit dem Gedanken gespielt, auf Verbundfelgen umzurüsten. Notfalls sogar mit 120er Bremse hinten und in der Hoffnung, der Tüv würde es nicht merken.

Habe dann in der Bucht jedoch Glück gehabt und wenig später für einen relativ humanen Kurs eine Felge aus Holland ersteigern können. Und die war sogar verwendungsfähig.

Der Rest ging dann ganz fix.

Im Juni 2006 Tüv auf Anhieb und ohne Mängel, Zulassung auf dem hiesigen Bielefelder Strassenverkehrsamt ein Akt von insgesamt sieben (!) Stunden Dauer. Aber das ist eine andere und vor allem längere Geschichte....

Die restaurierte Kreidler lief vom ersten Moment an wirklich prächtig.

Und mit zunehmender Kilometerleistung zog der Motor immer besser.

Habe von Anfang an so unglaublich viel Spaß mit dieser kleinen Drehorgel gehabt.....wer es nicht selber erlebt, bzw. erfahren hat, kann dieses nicht nachvollziehen.

Mittlerweile haben wir gemeinsam über 12.000 KM (!) ohne jegliche Pannen gemeinsam zurückgelegt.

 

Fazit:  Ich habe in die Restauration einen Betrag in Euros versenkt, der höher als der damalige DM-Neupreis war. Auch bin ich mir im nachhinein nicht sicher, ob dieses Moped seinerzeit so perfekt "vom Band" gelaufen ist, wie es nach der Restauration war, bzw. ist

Aber das ist vollkommen egal. Es ist MEIN Moped, welches mittlerweile fast 32 Jahre in meinem Besitz ist und  wo ich so viele tolle und schöne Erinnerungen aus meiner Jugendzeit mit verbinde.

Mittlerweile ist die Restauration über neun Jahre her und das Moped macht mir noch genauso viel Spaß wie am ersten Tag. Wir werden auf jeden Fall zusammen alt.... oder noch älter....