Die Jahre 1945-1950
Mai 1945. Die Stunde Null.
Nach dem Einmarsch der Amerikaner in Bielefeld Anfang April 1945 ist der Betrieb eingestellt.
Nach Ende des Krieges fällt Bielefeld in die britische Besatzungszone. Die britische Militärregierung untersagt zunächst jegliche Geschäftstätigkeit, zumal Rixe während des Krieges ein bedeutsamer Rüstungsbetrieb war.
Auch kann der geschäftsführende Gesellschafter, Heinrich Oberschelp, dem das Unternehmen nach wie vor zur Hälfte gehört und dieses seit 1924 leitet, zunächst nicht weiter tätig sein. Da Oberschelp von 1933 bis 1942 Präsident der Bielefelder Industrie- und Handelskammer war, gilt er nach Besetzung durch die Amerikaner im April 1945 als potenzieller Nationalsozialist und Kriegsverbrecher und gerät in die Fahndung der Allierten. Daher taucht Oberschelp zunächst unter und kann unternehmerisch nicht tätig werden.
Trotzdem wird unmittelbar nach Kriegsende mit dem Wiederaufbau der im Krieg beschädigten Gebäude begonnen, auch Heinrich Oberschelp wird es bald wieder ermöglicht in sein Büro zurückzukehren. In den ersten drei Monaten beschäftigt man sich mit der verbliebenen Arbeiterschaft vorrangig mit Aufräumarbeiten und dem Wiederaufbau der Gebäude sowie allgemeinen Reparaturen an Fahrrädern und Motorfahrzeugen.
Nach einer Betriebserkundung im Auftrage der Militärregierung am 20. Juli 1945 wird über den Antrag auf Wiederaufnahme der Produktion entschieden.
Am 24/7. 1945 erteilt das Military Government die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme der Fertigung.
Nachdem die Vorbereitungen hierzu abgeschlossen sind, nehmen die Rixe & Co. Fahrrad- und Motorradwerke G.m.b.H am 12. August 1945 den Geschäftsbetrieb und die Fertigung wieder auf.
An eine normale Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit ist zunächst jedoch nicht zu denken. Die Gebäude schwer beschädigt, Herstellung von Fahrzeugen verboten , Rohmaterial nicht zu bekommen, viele Mitarbeiter gefallen oder in Gefangenschaft. Trotzdem nimmt Heinrich Oberschelp die Herausforderung an und beginnt zunächst mit 16 Mitarbeitern den Neuanfang.
Der Maschinenpark ist nahezu unversehrt, ferner sind nach Zwangsrequirierung durch die Wehrmacht und die Besatzung 1 PKW, 1 beschädigter LKW sowie 1 Pferdegespann geblieben. Die Vorräte an Rohstoffen betragen noch gut 50 Tonnen, auch die Vorräte an Schmier-Heiz und Treibstoffen reicht zu 90% für die Produktion der nächsten drei Monate. Man beabsichtigt die Wiederaufnahme der Zweiradproduktion, die Kapazitäten reichen für einen monatliche Fertigungsmenge von 2.500 Fahrrädern sowie 250 Motorräder.
Da die Produktion von Fahrzeugen zunächst nicht erlaubt ist und auch Teile wie Ketten, Pedale und Reifen nicht zu bekommen sind, weicht man auf die Produktion von Maschinen für die Landwirtschaft aus. Zumal seitens der Militärregierung die Fertigung von Artikeln für die Landwirtschaft und den Bergbau Priorität haben. Es entstehen so pro Monat statt Granaten über 1.000 Kartoffelkäfer-Petroleumspritzen sowie die gleiche Anzahl an Fahrrad-Montageständern.
Auch werden ab September 1945 wieder Fahrräder produziert, allerdings pro Monat zunächst nicht mehr als 350 Stück. An Rahmen werden über 1.000 Stück gefertigt, es fehlt an Reifen, Rädern, Gummiteilen. Auch macht sich die Energieknappheit schmerzhaft bemerkbar, Kohle ist Mangelware.
Im ersten vollen Produktionsmonat September 1945 werden bereits wieder Waren im Wert von 76.000,- Reichsmark gefertigt.
Am 17. November 1945 wird es Rixe untersagt, Fahrräder und Fahrzeuge zu produzieren um so Energie und Kohle zu sparen. Dieses ist ein einschneidendes Verbot und trifft das im Wiederaufbau befindliche Unternehmen zunächst hart. Neben den Bastert-Werken und der Fa. Stricker ist Rixe die einzige zugelassene Fahrradfabrik in Bielefeld, die von Kriegsschäden weitestgehend verschont worden ist und uneingeschränkt produktionsfähig ist. Die Auslastung ist sehr gut, so hat man einen Auftrag zur Fertigung von monatlich 1.500 Rädern bis Januar 1946 an einen norddeutschen Grossisten erhalten. Bedingt durch obiges Verbot kann dieser Auftrag nicht, bzw. nur eingeschränkt bedient werden.
Gleichfalls wird eine große Menge an Drehteilen für die Fordwerke AG in Köln gefertigt, es wird händeringend Personal gesucht. Durch Vermittlung der Industrie- und Handelskammer zu Bielefeld gelingt es, das Fertigungsverbot aufzuheben. Ende 1945 wächst die Belegschaft wieder bereits auf etwas über 60 Beschäftigte.
1946 werden neben 10.000 Fahrradmontageständern daher nur gut 3.000 Fahrräder produziert. Eine Menge, die fast exakt der möglichen Monatskapazität entspricht. Nach wie vor sind jedoch benötigte Zubehörteile wie Pedale, Naben, Ketten, Speichen und Reifen absolute Mangelware und kaum zu bekommen.
Mit welch immensen Schwierigkeiten damals zu kämpfen war zeigt nebenstehes Schreiben, selbst das Führen von Ferngesprächen war durch die Militärregierung genehmigungspflichtig.
An die
Militär-Regieriung
Bielefeld
2/4. 14.4.46
Betr. Antrag auf Genehmigung zum Führen von Ferngesprächen der Klasse A.
Wir bitten hiermit uns die Genehmigung zum Führen von Ferngesprächen der Klasse A zu erteilen.
Wir fertigen unter der Permit-Nr. W/E/CON/ II 347 Kartoffelkäfer-Spritzmaschinen und sind im Bergbaufertigungs-Programm für Fahrräder.
Die Herbeischaffung von Zubehörteilen bereitet uns allergrößte Schweierigkeiten.
Wir sind auf telefonische Verbindung dringlichst angewiesen.
Hochachtungsvoll
Rixe & Co. G.m.b.H.
Antrag auf das Führen von Ferngesprächen April 1946
Es geht trotzdem weiter aufwärts.Im Jahre 1947 finden bei Rixe bereits wieder 112 Menschen Beschäftigung, davon 85 Gewerbliche.
Material- und Energieknappheit bestimmt in den ersten Nachkriegsjahren jedoch weiterhin den Tagesablauf.
Durch Stromengpässe infolge Kohlemangels kam 1947 die anlaufende Produktion stellenweise wieder zum Erliegen.
So musste z.B. vom 24/3.-30/3. 1947 eine "Feierwoche" eingelegt werden, die Arbeiter bezogen Ausfallgeld.
Heinrich Oberschelp bemüht sich daraufhin bei den Behörden mit Erfolg massiv um eine erhöhte Zuteilung der für die Fertigung notwendigen Rohstoffe.
Aber auch mit massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten hatte man unmittelbar nach Kriegsende zu kämpfen. Da die Rechnungen für die Rüstungslieferungen seitens der Nazis nicht mehr beglichen wurden, fehlt es an liquiden Mitteln und man ist stellenweise zahlungsunfähig.
Ihr Schreiben vom 17.10.46, Nr 522/46/11
Aus Ihrem Schreiben vom 17. v.M haben wir entnommen, daß Sie von der Firma ********* beauftragt sind, den Gegenwert für den derzeit nicht eingelösten Scheck laut unserer Regulierung vom 23.2.45- und zwar für Warenlieferung laut Rechnung vom 28.12.44 (Rechnungseingang 30.1.45) und Warenlieferung laut Rechnung vom 10.1.45 (Rechnungseingang 19. Febr..45)- in Höhe von RM 3.943,14 bei uns einzuziehen.
Hierauf müssen wir Ihnen leider mitteilen, daß wir z.Zt. nicht im Besitz der flüssigen Mittel sind, um unsere Verbindlichkeiten, die vor der Besetzung durch die Alliierten entstanden sind, zu erfüllen. Die Gründe hierfür sind darin zu suchen, daß das Reich bzw. die in Frage kommenden Reichsstellen die Zahlungen durch im April v.J. eingetretenen Ereignisse eingestellt haben. Noch mit Schreiben vom 27.9, d.J. haben wir der Firma ******** in dieser Angelegenheit ausführlich berichtet und eingehend die Gründe unserer Zahlungsunfähigkeit dargelegt.
Erst wenn in der Behandlung der Forderungen aus Rüstungslieferungen an das Reich eine Klärung erfolgt ist, werden wir von uns aus eine Bereinigung herbeiführen. Sollte Ihr Mitglied, die Firma ****** mit dieser Regelung nicht einverstanden sein und beabsichtigen, die Forderungen im Klagewege geltend zu machen, so möchten wir schon darauf hinweisen, daß das Gericht in einem anderen Falle bereits auf Aussetzung des Verfahrens VO. zufolge unserer Vermögenslage erkannt hat. Es ist uns daher auch nicht möglich, den einen oder anderen Gläubiger vorab zu befriedigen, da dieses sonst zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger führen würde.
Wir bedauern außerordentlich, Ihnen nach Lage der Dinge keinen besseren Bescheid geben zu können, hoffen jedoch gern, daß sich die zu erwartende gesetzliche Regelung der Reichsschulden es uns bald ermöglichen wird, die Forderung zu begleichen
Hochachtungsvoll
R i x e & C o., G.m.b.H
ppa. Schäffer
Schreiben an die Creditreform vom 8.11.1946
Aber auch diese Schwierigkeiten können gemeistert werden und es geht schrittweise wieder voran.
Nach dem die durch teilweise massiven Bombentreffer schwer beschädigten Gebäude wieder soweit instand gesetzt sind und die notwendigen Rohstoffe zumindest teilweise verfügbar werden, erhält man durch die Alliierten die Erlaubnis, die Produktion wieder aufzunehmen.
Nach dem abgeschlossenem Wiederaufbau kann im Jahre 1948 daher auch wieder schrittweise mit der Fertigung von Motorfahrrädern begonnen werden.
Die bereits vor dem Krieg verwendete Strategie, die Erzeugnisse mit entsprechenden Qualitätsmerkmalen zu bewerben, wird beibehalten. Immerhin hatte sich Rixe vor dem Krieg hiermit im Markt einen sehr guten Ruf erworben.
Und es geht schnell bergauf. Wurden im Jahre 1948 lediglich 144 Motorräder gebaut, sind es ein Jahr später 2.382 Stück!!
1950 beträgt der Absatz an Motorrädern bereits 2.833 Stück- was einen Zuwachs von 20% binnen einen Jahres bedeutete.
Durch die Währungsreform 1948 war plötzlich, quasi "über Nacht", enorme Kaufkraft und Nachfrage entstanden.
Auch der große Bedarf an einfachen Transportmitteln unmittelbar nach dem Krieg trägt zum Aufschwung bei.
Zunächst beschränkt sich Rixe auf die Verbreitung im heimischen Markt. Relativ schnell besinnt man sich auf alte Strukturen und baut ein bundesweites Vertriebsnetz auf.
Im Jahre 1949 kann der Bau von 1.400.000 Fahrrädern seit Gründung vermeldet werden.
Eine wahnsinnige Zahl!!
Zeitungsanzeige aus Juli 1949 (Rixe-Qualitätsräder- 1,4 Millionen in nur 25 Jahren)
Die Eröffnungsbilanz des nach dem Krieg neu gegründeten Unternehmens kann jedoch erst am 26.6.1951 vorgelegt werden.
Gründe hierfür sind Schwierigkeiten bei der Neubewertung des Anlage- und Umlaufvermögens sowie der Festsetzung des Stammkapitals.
Das neue Stammkapital beträgt in der Eröffnungsbilanz zum Stichtag 21/6.1948 800.000,-DM, woran Anna Rixe und Heinrich Oberschelp je zur Hälfte beteiligt sind. Die Besitzverhältnisse sollten sich bis zum Konkurs 1985 nicht ändern. Auch nach dem Tode der Gesellschafter Anna Rixe und Heinrich Oberschelp 1970, bzw. 1981, bleiben die Anteile in Familienbesitz.
erstes Nachkriegs Gesamt-Prospekt, September 1949, links der handgezeichnete Entwurf, rechts die gedruckte Endversion
Die ständige Materialknappheit der ersten Nachkriegszeit war überwunden, neben dem sehr guten Absatz von Fahrrädern geht es auch mit den Motorrädern vor- und aufwärts.
Die gute Nachfrage und der große Nachholbedarf an Transportkapazitäten nach dem dem Krieg ermöglichten einen erfolgreichen und nachhaltigen Wiederaufbau der Firma.
Von Beginn an setzt man auf Fahrräder für den Massenmarkt sowie auf Motorräder in den unteren Hubraumklassen, 1949 erteilt die britische Militärregierung die Genehmigung zur Wiederaufnahme der Fertigung von Motorfahrzeugen. Daraufhin produziert man zunächst nur 98er und 125er Modelle.
Wobei den Anfang hier sog. Motorfahrräder ( =Mofa") machen.
Diese basieren im Grunde auf den 98 ccm Vorkriegsmodellen und sorgen mit 2,25 PS für preiswerten Vortrieb.
Angeboten werden diese als Herren- oder als Damenmodell mit dem bewährten 98 ccm Sachs-Motor 98 M32 und 2,25 PS- welche sich bereits in div. Vorkriegsmodellen und Marken 100.000-fach als zuverlässig und unkompliziert bewährt hatten.
Diese verfügen zwar über nur bescheidene Fahrleistungen, was jedoch so kurz nach Kriegsende vollkommen nebensächlich ist.
Entscheidend ist eine robuste Ausführung, Zuverlässigkeit und entsprechende Qualität. Hier kann Rixe in Verbindung mit dem beliebten Sachs-Motor punkten, auch bietet ein dichtes Sachs-Servicenetz ein nicht zu unterschätzendes Argument.
Als einer der ganz wenigen Firmen in Deutschland treibt Rixe unmittelbar nach dem Krieg die parallele Entwicklung und Fertigung von Fahrrädern und motorisierten Zweirädern voran.
Sicherlich von Vorteil sind hier die über zwanzigjährige Erfahrung vor dem Krieg.
Ferner versteht es Rixe durch Fertigung von Fahrradgabeln, Lenkern, Bremsen, Achsen, Konen und sonstigen Teilen für andere Hersteller die Produktion auszulasten.
Die Herstellung von Landwirtschaftlichen Geräten wie z.b. der Kartoffelkäferspritzen wird 1948 eingestellt und man konzentriert sich wieder auf das eigentliche Kerngeschäft, wenn auch noch parallel weiterhin Fahrrad-Montageständer für die zahlreichen neuen Fahrradhändler/Werkstättten entstehen.
Die gröbsten Kriegsschäden sind im Nachklriegsdeutschland behoben, Arbeit ist mehr als genug vorhanden.
Rixe-Prospekt Motorfahrräder 98 ccm, 1949/50
Trotzdem können sich nur wenige Bundesbürger einen motorisierten Untersatz leisten, die Fahrräder sind und bleiben das Hauptstandbein und sorgen für eine ordentliche Auftragslage.
Die latente Materialknappheit bessert sich, die Fertigung kann in allen Bereichen deutlich ausgeweitet werden. Bald reichen die Räumlichkeiten in den instandgesetzten Gebäuden nicht aus, so wird 1949 der erste Neu, bzw. Erweiterungsbau auf dem bestehenden Werksgelände in Bielefeld-Brake errichtet.
Richtfest Neubau, 1949 (Belegschaft, Heinrich Oberschelp 3. von rechts, Helmut Rixe 3. von links)
Durch den Ausbau der Kapazitäten beweist die Geschäftsleitung Weitsicht und stellt frühzeitig die Weichen für den Aufschwung des kommenden Wirtschaftswunders. Heinrich Oberschelp obliegt seit numehr 25 Jahren die kaufmännische Leitung des Unternehmens, für die Fertigung ist Helmut Rixe, Sohn des Gründers August Rixe, verantwortlich.
Nach wie vor kann der Bedarf an Rädern und motorisierten Fahrzeugen nicht gedeckt werden, auch fehlen schlicht die Facharbeiter.
Trotz aller Widrigkeiten bietet Rixe im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern bereits Anfang der 50er ein sehr breites Programm an Fahrrädern.
So finden sich bereits in den ersten Prospekten neben Standard-Rädern in verschiedenen Ausführungen auch Kinder-, Jugendräder, Tretroller Transporträder, Geschäftsräder, Fahrradanhänger, aber auch Touren,- Sport-Bahn und Halbrenner.
Man zielt weniger auf den breiten Massenmarkt, sondern eher auf den Verkauf von qualitativ hochwertigen Zweirädern über den Fachhhandel.
Bereits unmittelbar mit Wiederaufnahme der Fahrradproduktion werden auch Räder unter den Bezeichnungen wie z.B. Preciosa, Hermes, Jagdring gefertigt.
Nebenstehendes Prospekt spiegelt sehr gut den Zeitgeist des Aufbruches nach dem verlorenen Krieg wieder.
Fahrrad-Prospekt ca. 1950/51 (schöne, heile Welt...)
Nachdem im Jahre 1948 zaghaft mit den ersten motorisierten Zweirädern begonnen wurde stellte sich alsbald heraus, dass die Nachfrage nach kleinen und bezahlbaren Motorrädern am größten ist.
Anfang 1950 ist der neue Sachs 98M 50 erhältlich, welcher den bis dahin auf dem Vorkriegsmotor basierenden Sachs M32 ablöste. Der neue Motor ist von den Schweinfurtern u.a. durch eine verstärkte Kurbelwelle drehzahlfest gemacht worden.
Damit steigt die nominelle Leistung von 2,25 auf sagenhafte 3 PS, was immerhin für gut 64 km/h Spitzengeschwindigkeit ausreichte.
Dieser Motor findet künftig in vielen Konstruktionen und Typen große Verbreitung, wodurch sich fast alle 98er Leichtmotorräder aus jener Epoche zum Verwechseln ähnlich sind.
Sachs-Prospekt, 1950 Rixe-Prospekt T98-50, 1950
Das "T" in der Bezeichnung steht für Tretkurbel. Kurze Zeit später war diese Modell auch folgerichtig als "K98-50" mit Fußrasten und Kickstarter erhältlich- bei gleicher Motorleistung.
Serienmäßig verbaut war eine Konfektions- Federgabel, auf Wunsch und gegen Aufpreis war es auch möglich, eine gefederte Teleskopgabel zu bekommen. Diese wurden jedoch, genauso wie die Kickstarterausführung, relativ selten geordert.
Diese Leichtmotorräder mussten halt nur funktionieren, zuverlässig und billig sein.
Auch entfällt die Möglichkeit einer Wahl zwischen Herren- und Damenmodell mit freiem Durchstieg.
Im Zuge des fortan verwendeten Baukastensystems sind nur noch die Herrrenmodelle mit durchgängiger Tanklinie erhältlich.
Die Leichtmotorräder mit einem Hubraum von 98 ccm und 3 PS Sachs-Motor bilden das Rückgrat in der Palette der Rixe-Motorräder.
Alternativ ist von 1949-51 auch ein Leichtmotorrad mit entsprechendem ILO-Motor erhältlich. Obwohl nominell mit 3,4PS, also 0,4 PS Mehrleistung gegenüber dem Sachs-Motor angegeben, war dieser doch 4 km/h langsamer.
Auch sind die Ausführungen mit ILO-Motor nur mit 100mm Pränafa-Bremsen erhältlich, im Gegensatz zu den 105/115mm Bremsen der mit Sachs-Motoren ausgestatteten Modelle.
Hier finden auch entsprechende Naben und Bremsen aus dem Hause Sachs Verwendung.
Ein weiteres Merkmal der ILO-Modelle ist die Parallelogramm-Gabel, eine Telegabel gibt es für diese Modelle nicht. Alle anderen Daten wie Fahrwerk, Tank und Ausstattung sind hingegen identisch.
Um eine Abgrenzung und Unterscheidung zu den Sachs-Modellen zu erhalten, laufen die mit Ilo-Motoren und Pränafa-Naben ausgestatteten Modelle unter der offiziellen Verkaufsbezeichnung KP 100, obwohl gleichwohl sie nur über 98 ccm Hubraum verfügen.
Die KP 100 wird bis 1951 gebaut, danach entfällt diese Ausführung.
Die 98er Version mit Sachs-Motor wird jedoch weitergepflegt und hält sich bis 1959 im Rixe-Programm.
ILO-Motoren finden sich nach Einstellung der KP 100 zu diesem Zeitpunkt nur noch in der KP/KT 125.
Lediglich im Jahre 1950 wird der 125er ILO Sportmotor angeboten. Dieser basiert auf dem normalen 125er 1-Zylinder Motor, ist jedoch mit mit einer Zweivergaseranlage ausgerüstet und leistet gegenüber der Basisversion von 5,4 PS starke 7,5 PS, später sogar 8,1 PS- was immerhin eine Mehrleistung von über 40% ausmacht!
Auch schlägt sich dieses in den Fahrleistungen nieder. die Höchstgeschwindigkeit steigt von 75 km/h auf über 90 km/h!
Insgesamt sind ca. 1.000 Stück dieses Motors bei ILO in Pinneberg gebaut worden. Leider ist nicht überliefert, wieviele Rixe hiermit ausgerüstet worden sind-allzuviele dürften es nicht gewesen sein.
Rixe-Prospekt, 1949/50
Hervorragend jedoch verkaufen sich die sogenannten Motorfahrräder mit 98 ccm. Für das Jahr 1950 meldet Rixe hier 2.089 verkaufte Einheiten. Damit rangiert man in diesem Segment der meistverkauften Motorradklasse hinter NSU (38.060 Stück), Miele (11.332 Stück), Express (3.576 Stück), Hercules (3.503 Stück) immerhin auf Platz fünf der deutschen Zulassungsstatistik- noch vor so namhaften Herstellern wie Dürkopp, Victoria, Rabeneick oder Göricke. Bei Motorrädern von 101-125 ccm Hubraum reicht es mit 2.709 verkauften Motorrädern noch für Platz sieben.
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Rixe-Fertigung | | 98er Modelle, 1951 |
Das Rixe-Programm trifft augenscheinlich die Bedürfnisse des noch jungen Marktes. Weiterhin setzt man auf die Vermarktung durch regionale Großhändler.
Parallel zum aufstrebendem Wachstum und steigender Nachfrage werden die ersten Werksläger gegründet.
Eines der ersten Werksläger ist die Fa. Corbet und Brendel in Neustadt a.d. Haardt, hier werden bereits ab Anfang 1950 Rixe-Produkte erfolgreich vertrieben.
Die Werksläger verfügen über eine Ausstellung und führen das gesamte Rixe-Programm lagermäßig. Damals war der "kleine Fahradhändler um die Ecke" oder die Tankstelle, die auch Mopeds und Rasenmäher verkauft, ein üblicher Vertriebsweg.
Diese kleineren Verkaufsstellen wurden über die Werksläger bedient. So konnten diese auch einzelne oder kleinere Stückzahlen verkaufen, ohne jeweils z.B. Frachtkosten ab Werk bezahlen zu müssen, zudem entfiel die teure Lagerhaltung. Zumal auch oftmals der Platz hierfür nicht da war.
Die Werksläger erhalten seitens des Werkes Verkaufsunterstützungen in Form von Werbung, Plakaten, Vorführmodellen, etc.
Durch dieses System umging Rixe den teuren Groß- und Zwischenhandel und ermöglichte es so seinen Händlerkunden einen wirtschaftlich interessanten Verkauf der Produkte,
Werksläger In dieser, bzw. ähnlicher Form gab es bis zum Ende 1985.
Rechnung Werkslager Corbet & Brendel, 1950
Ausstellungsräume Werkslager Corbet & Brendel, 1950 Corbet & Brendel Werbefahrzeug, ca. 1949/50
Während sich andere Hersteller ihr Heil auch im Direktvertrieb suchen, baut Rixe ausschliesslich auf den Verkauf über das Fachgeschäft. Neben den Werkslägern finden sich schnell wieder viele große und kleine Händler, welche neben anderen bekannten und etablierten Marken auch Rixe ins Programm aufnehmen.
Einer der ersten Händler nach dem Krieg war Zweirad-Prelle in Hannover. Prelle entwickelte sich später zu einem der größten Zweirad-Fachgeschäfte im Großraum Hannover und verkaufte bis zum Schluß, bzw. Rixe-Konkurs 1985 sehr viele Rixe Fahrräder, Mofas, Mopeds und Motorräder
Blick auf Geschäftsräume Prelle, Hannover, ca. 1949/50
Die ersten Jahre nach dem Krieg und dem Wiederaufbau sind Jahre des kräftigen Aufschwungs und des Wachstums. Die noch junge Republik hat einen großen Nachholbedarf an Transportkapazitäten. ein Auto ist nahezu für niemanden, ein Motorrad für die wenigsten und zumindest ein Fahrrad für viele erschwinglich. Zur stark gestigenen Kaufkraft trägt auch die Währungsreform in Westdeutschland bei. Diese sorgt 1948, quasi über Nacht, für volle Schaufenster.
Auch hat sich die schwierige Lage bei der Beschaffung der Rohstoffe entspannt, es fehlen jedoch Fachkräfte. Um die hohe Nachfrage zu bedienen, wird mehrschichtig gearbeitet.
Der Schwerpunkt liegt in der Fertigung von Fahrrädern. Bereits unmittelbar mit der Wiederaufnahme der Produktion bietet man ein breites Programm, angefangen vom Kinderrad bis hin zum Transportrad. Diese sind ein fester Bestandteil im Lieferprogramm und verkaufen sich trotz des hohen Preises sehr gut. Abnehmer hierfür sind in erster Linie Bäckereien und Lebensmittel-Einzelhändler, auch finden sich gelegentlich Handwerker auf solchen Rädern.
"Bäckerrad", 1949, (Werksfoto) "Transportrad", 1949, (Werksfoto)
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